Auf Tauchexpedition um die Insel Rügen
Die Ostsee, auch Baltisches Meer genannt, ist ein Binnenmeer, das zwischen Skandinavien und dem europäischen Festland liegt. Die Unterwasserfauna und -flora des weltweit größten Brackwassermeeres ist durch eine Abnahme des Salzgehaltes von West nach Ost gekennzeichnet. Rügen ist die größte deutsche Insel, die weit in die Ostsee hineinragt. Die Küste ist charakterisiert durch Meeresbuchten und Boddengewässer. Hoch aufragende Steilküsten mit vorgelagerten Geröllstränden wechseln sich mit Flachküsten und ausgedehnten Sandstränden ab. Die verschiedenartigen Küstenformen setzen sich unter Wasser fort und führten zur Herausbildung vielfältiger Habitate im Meer.
Die Erkundung und Erforschung der marinen Ökosysteme ist seit 2008 Gegenstand regelmäßig stattfindender Tauchexpeditionen. Forschungs-, Berufs- und Sporttaucher aus unterschiedlichen Berufen dokumentieren ehrenamtlich die Unterwasserwelt um die Insel Rügen. Organisiert im archaeomare e. V. - Institut für marine und maritime Forschung kooperieren die Taucher eng mit dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund, den Nationalparken Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund sowie dem Umweltbundesamt Dessau.
Vielfalt unter Wasser
Die Küstenformen der Insel Rügen sind sehr abwechslungsreich. Hoch aufragende Kreidefelsen und eiszeitlich geformte Steilküsten wechseln sich mit langen Sandstränden und Dünenlandschaften ab. Die weiten Buchten der Außenküste und die zahlreichen Bodden kennzeichnen die unverwechselbare Gestalt der Ostseeinsel. Ebenso vielfältig stellt sich die Unterwasserlandschaft dar. Vor dem Königsstuhl und vor Arkona finden sich Kreideriffe, vor den anderen Steilküsten Findlingsblöcke und Steinfelder. Ausgedehnte Sandflächen sind den Flachküsten vorgelagert.
Die Steinflächen sowie Kreide- und Mergelbänke bilden ein Hartgrund, der von Algen, Tangen, Miesmuscheln und Seepocken bewachsen ist und zahlreichen Fischen einen geschützten Lebensraum bietet. Aber auch die Sandflächen stellen keine unterseeischen Wüsten dar: Gut getarnt lassen sich Plattfische, Wattwürmer und Krabben entdecken Häufig wachsen auf den Sandflächen ausgedehnte Seegraswiesen. Sie bieten Fischen und anderen Meeresorganismen eine Kinderstube.
Meeresmüll - verborgen in der Tiefe
Durch ein wachsendes Umweltbewusstsein in Politik und Öffentlichkeit ist die Vermüllung der Ostsee in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Während an den Stränden um die Insel Rügen zunehmend weniger Müll antreibt, stießen Taucher bei ihren Expeditionen häufig auf verborgene Altlasten.
Es handelt sich hierbei zumeist um verlorene Netze aus der Fischerei. Kunststoffe für die Netzherstellung verdrängten zunehmend Naturfasern. Die leistungsfähigeren Fanggeschirre aus den neuen Materialien erforderten weniger Wartung und sind fast unbegrenzt haltbar. Diese Vorteile wandelten sich jedoch zu einem Fluch für die Meere: Verlorene Netze verrotten nicht und stellen noch nach langer Zeit tödliche Fallen für Fische, Seevögel und marine Säugetiere dar. Durch bessere Navigationsmethoden wurden die Netzverluste gesenkt.
Jedoch führt der wachsende Angeltourismus zu einer neuen Belastung: Angelköder verfangen sich in Netzen, Wracks und anderen Hindernissen. Durch die Forschungstaucher werden diese Probleme dokumentiert und in Abstimmung mit den Behörden und Verursachern nach Lösungen gesucht.
Wracks - historische Schätze
Seit Jahrhunderten besitzt die Insel Rügen große Bedeutung für die Schifffahrt. Die hoch aufragenden Steilküsten halfen bei der Orientierung auf See und die zahlreichen Buchten boten Schutz und sichere Ankerplätze. Jedoch führten Stürme, Eisgang und Seekriege zum Untergang von Schiffen. Die Gewässer um Rügen zählen zu den wrackreichsten Regionen der Ostsee. Recherchen in verschiedenen Archiven führten zum Nachweis von über 530 Schiffshavarien in den letzten 250 Jahren. Über 350 Schiffswracks wurden durch Tauchuntersuchungen erkundet. Die Taucher von archaeomare e. V. setzen unter anderem Moderne fotografische Messverfahren zur Dokumentation ein. Gesunkene Schiffe sind Zeitkapseln, die mit ihrem Untergang wichtige Informationen zu ihrer Konstruktion und Ladung aber auch zum alltäglichen Leben auf See bewahren. Als „historische Schätze" bilden sie wichtige Zeugnisse zur maritimen Kultur der Ostseeregion.